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letzte Änderung:
2013-07-29 18:17

Finanzen

Das Konjunkturpaket 2, 2009-01-13

Heute hat die große Koalition das Konjunkturpaket 2 verabschiedet. Familien bekommen für jedes Kind eine Förderung von 100 €, der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer wird auf gut 8000 € erhöht, der Eingangssteuersatz sinkt um einen Prozentpunkt, der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkassen sinkt um 0,6 Prozentpunkte und für alte Autos gibt es eine Verschrottungsprämie von 2500 €. Insgesamt sollen hierfür und für Investitionen in Schulen, Universitäten und Infrastruktur rund 50 Mrd € ausgegeben werden. Was ist davon zu halten?

Es muss differenziert betrachtet werden. Die meisten Maßnahmen sind im Einzelfall zu klein, um ein Belebung der Wirtschaft auszulösen, bei anderen Maßnahmen fragt man sich, warum sie erst jetzt in Angriff genommen werden. Manche sind sogar bezüglich anderer politischen Ziele kontraproduktiv.

  • Einkommensteuer und Krankenkassenbeitrag: Die Veränderungen gehen in die richtige Richtung, aber verfehlen das Ziel einer längst überfälligen, kompletten Reform der Steuergesetzgebung und sind außerdem zu halbherzig und klein. Wer 30 € mehr im Monat hat, wird deswegen keine großen Dinge kaufen, von denen die deutsche oder europäische Wirtschaft etwas hätte, sondern höchstens ein paar Billig-Artikel aus Fernost. Soll das Konjunkturpaket dazu dienen, noch mehr "Müll von morgen" von dort zu importieren?
  • Kinderförderung: Schön und gut, aber unterm Strich nicht, was einen wirksamen und vor allem dauerhaften Effekt hat.
  • Verschrottungsprämie: Eigentlich ist der Name falsch, denn fürs Verschrotten des alten Autos allein bekommt man die Prämie nicht, sondern nur dann, wenn man ein neues "umweltfreundliches" Auto kauft. Komischerweise ist es aber völlig egal, wenn das neue Auto mehr Sprit verbraucht als das alte, das vielleicht auch schon die grüne Plakette trug. Von der Umweltbelastung durch die Produktion des Neuwagens mal ganz abgesehen, denn ganz ohne geht das sicherlich nicht. Eigentlich müsste man die Prämie allein für das Außerbetriebsetzen von Wagen ohne oder mit roter Plakette zahlen – auch und gerade dann, wenn dafür kein neues Fahrzeug zukünftig die Straßen verstopft und die Luft verpestet. Aber das wäre wohl nicht im Interesse der Autoindustrie-Lobby. Hier wird Umweltpolitik zugunsten kurzfristiger Effekte geopfert.
  • Investitionen: Die letzten Jahre waren wirtschaftlich doch wirklich gut. Da fragt man sich, warum in solchen Zeiten die wohl wirklich dringend notwendig bzw. schon lange überfälligen Sanierungen von Kindergärten, Schulen und Universitäten nicht angegangen wurden, sondern erst jetzt, wo wir auf dem absteigenden Ast der Konjunktur sitzen. Wie verantwortungslos ist es denn, Gebäude und auch so manche Straße derart marode werden zu lassen, dass die Instandsetzung wegen Folgeschäden jetzt mehr kostet als es hätte sein müssen? Durch mangelnde Isolierung und undichte Fenster wird seit Jahren sinnlos viel Energie verschwendet. Darüber hinaus sollte nicht nur in die Gebäude, sondern auch ins Personal der Bildung investiert werden. Noch immer gibt Deutschland in der EU unterdurchschnittlich viel Geld für Bildung aus.

Das Konjunkturprogramme 2 ist ein Armutszeugnis der Regierung. Wie schon so oft ein Geschacher zwischen den Vorstellungen der Parteien, ein Bedienen von Lobbyisten, das Verabreichen von Placebos ans Volk, die zukünftige Generationen bezahlen müssen. Die Investitionen, deren Wirkung der Bevölkerung zugute kommen und auch den hiesigen Betrieben Aufträge verschaffen und größtenteils zusätzlich Energie einsparen helfen, sollten ohnehin und verstärkt durchgeführt werden, aber bitte mit Gegenfinanzierung. Es ist wie immer nicht zu wenig Geld da, es ist nur falsch verteilt.

Die Finanzkrise, 2008-10-21

Bei der Finanzkrise haben eine ganze Reihe von Menschen Geld verloren, das sie ausdrücklich krisensicher anlegen wollten, nämlich in garantierten Zertifikaten großer Banken. Alle "Experten" waren sich einig, dass das eine sichere Anlage ist. Daher wurden diese Zertifikate auch Menschen angeboten, die sich selbst als sicherheitsorientierte Anleger einsortiert haben. Jeder, der sich von einem Vermögensberater beraten lässt, muss sich selbst einschätzen, über das Beratungsgespräch muss ein Protokoll geführt und es muss vom Berater und vom Kunden unterzeichnet werden. Die einzelnen Finanzprodukte werden in Risikoklassen eingeteilt, so dass ein Berater seinen Kunden die jeweils passenden Produkte anbieten kann. Schließlich kann er bei der Vielzahl von Produkten diese nicht alle selbst vollständig kennen, sondern benötigt ebenfalls Hilfe. Weil man bei Aktien schon mal größere Schwankungen und Verluste einkalkulieren muss, sind diese entsprechend hoch klassifiziert. Von einer großen Bank garantierte Zertifikate dagegen sind in Risikoklasse 1 (ein Worten: eins) einsortiert.

Jetzt ist aber der Fall eingetreten, dass eine große Bank - den Namen kennt heute jeder: Lehman Brothers - pleite gegangen ist. Das Geld ist weg. Die Politik sagt, da hätten die Anleger wohl zu hoch gepokert. Gepokert? Bei einem Garantie-Zertifikat aus Risikoklasse 1? Und dann kommt der Hammer hinterher. Die Politik will jetzt keine weiteren Banken mehr pleite gehen lassen, also wird es keine weiteren Verluste bei Garantie-Zertifikaten mehr geben. Da werden allein von der deutschen Regierung bis zu 480 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um das Bankensystem zu stützen. Aber für die paar deutschen Anleger, die ausdrücklich die geringste Risikoklasse gewählt haben und trotzdem das Pech eines Totalverlustes gehabt haben, ist kein Euro mehr übrig?

Die Einsortierung in Risikoklassen ist auf Vorgabe der Politik geschehen. Sie hat dadurch aktiv daran mitgewirkt, dass die Menschen sich für diese Produkte entschieden haben. Jetzt sollte sie auch dazu stehen und entweder allen Banken und deren Anlegern helfen, oder aber sich aus der ganzen Sache heraushalten. Aber allen helfen, außer denjenigen, die durch einen dummen Zufall Kunden von Lehman Brothers und nicht von irgend einer anderen Bank wurden, das halte ich für ein Unding!

Übrigens habe ich niemals irgendein Produkt von Lehman Brothers gehabt und ich kenne persönlich auch niemanden, der jemals welche hatte.