Medien
- Aus der Mitte der Gesellschaft, 2009-09-21
Der tödliche Angriff auf dem S-Bahnhof in Solln ist in aller Munde, kein Wunder! Ein abscheuliches Verbrechen, bei dem ein Unschuldiger, der zudem hilfsbereit war, getötet wurde. Ob tatsächlich eine Tötungsabsicht im Spiel war, werden die Gerichte klären müssen.
Die Medien stürzen sich auf den Fall, auch das ist verständlich. Dass bei dem Opfer ständig betont werden muss, dass er ein Familienvater war und aus „der Mitte der Gesellschaft“ stammte, lässt bei den Medienmachern aber auf ein verqueres Menschenbild schließen. Was soll das denn heißen? Wenn der Mann keine Familie gehabt hätte, wäre es um ihn nicht so schade gewesen? Wenn ein Obdachloser, ein Rentner, ein armes Mütterchen oder ein schwuler Migrant sich schützend vor die Kinder gestellt hätte – wäre das dann auch nur ein winziges Bisschen anders zu beurteilen?
Bei allem scheinbar beiläufigen, positiven Hervorheben von Eigenschaften bleibt doch immer der Nachgeschmack des Abgrenzens gegen andere. Oder darf sich gar nur ein Familienvater schützend vor Kinder stellen, weil nur er an seine eigenen Kinder denkt und sich vorstellen kann, wie sie bedroht werden? Wird das anderen Menschen nicht zugestanden? Oder geht man davon aus, dass seine Familie mehr oder anders trauert als andere Angehörige von Opfern, die keine eigene Familie gegründet haben?
Es ist an der Zeit, diese subtile Diskriminierung und Abgrenzung durch die Medien einzustellen. Eine Grenze sollte klar gezogen werden zwischen den Tätern und den Opfern, aber sonst keine. Und selbst diese Grenze gilt auch nur für eine einzige Tat, denn wer heute Täter eines Verbrechens ist, kann morgen schon Opfer eines anderen sein. Und umgekehrt.
- Die „armen“ Zeitungen, 2009-04-29
Nun haben es die Zeitungsverleger bzw. ihre Verbandsvertreter tatsächlich geschafft, dass wir Fernsehzuschauer und Radiohörer die Beiträge der elektronischen Medien, die wir mit unseren Gebühren bezahlt haben, in der Zweitverwertung nur noch zeitnah nach der Ausstrahlung des Beitrags verwenden dürfen. Danach müssen sie aus dem Web verschwinden. Das ist nicht nur eine ungeheure Ressourcenverschwendung, sondern auch eine Frechheit. Gerade bei Informations- und Ratgebersendungen ist das Archiv von sehr großer Bedeutung, denn ersten müsste man sonst jede Sendung aufzeichnen und katalogisieren, und zweitens kann man Webseiten auch einmal ausdrucken und in ein Geschäft mitnehmen, wenn man einen getesteten Artikel anschauen und evtl. kaufen möchte. Dass der Bedarf innerhalb von wenigen Wochen nach der Ausstrahlung auftritt, so dass man das Thema noch auf der Webseite des Senders finden kann, ist eher unwahrscheinlich. So verkommen die Ratgebersendungen dann überwiegend zum Unterhaltungsprogramm statt zur echten Lebenshilfe. Das gilt nicht nur für Themen wie Waren- und Dienstleistungstests, sondern insbesondere auch für Gesundheitsthemen. Wenn die paar Wochen vorbei sind, können wir aber immer noch im Archiv der Zeitungen und Zeitschriften nachschauen und vielleicht ein älteres Heft nachbestellen. Kostenpflichtig natürlich!
Komischerweise dürfen die Zeitungsverlage völlig unbehelligt ein Online-Archiv und auch ein Online-Fernsehprogramm anbieten und möchten sich zudem noch an den Lokalradios beteiligen. Wie war das doch gleich mit der strikten Trennung zwischen den einzelnen Mediensparten?
Natürlich ist es verständlich, wenn sich die Zeitungsverleger Sorgen machen. Viele Zeitschriften verkaufen sich aber trotzdem hervorragend, weil die elektronischen Medien einfach etwas anderes sind, Spezialinteressen weniger gut bedienen und auch oft nicht den Tiefgang haben können. Dass gerade die Lokalzeitungen aus dem DuMont-Schauberg-Verlag und der WAZ-Mediengruppe Probleme haben, ist aber in erster Linie der Qualität der Produkte zuzuschreiben und nicht der Konkurrenz durch die elektronischen Medien. Mehr redaktionelle Qualität, weniger Werbemüll. Dann bleiben die Leser auch bei der Stange.
- Kinderpornografie, 2008-10-21
Kinderpornografie ist ein Verbrechen! Leider wird in den Medien aber viel zu sehr auf die Verbreitung und auf den Konsum der bereits fertigen Machwerke geschaut. Dabei wäre es viel wichtiger, schon die Erstellung zu bekämpfen, denn bei der Ausübung der Gewalt gegenüber den Kindern findet doch das eigentliche Verbrechen statt. Was sind das für Eltern bzw. Menschen, denen Kinder anvertraut wurden, die zulassen, das so etwas wie Kinderpornografie überhaupt entstehen kann? Es ist wie bei der Drogenbekämpfung: nicht die Konsumenten verfolgen (das sind arme Schweine), sondern die Produzenten (das sind die Verbrecher)! Das Übel muss bei der Wurzel gepackt werden!
- Der alte Mann und das Fernsehen, 2008-10-21
Na, da hat er aber vom Leder gezogen, der Reich-Ranicki! Und das in einer Sendung, die ich ohne die Berichterstattung über seinen Auftritt wohl nie wahrgenommen hätte. Grundsätzlich hat er ja recht. Das Fernsehen ist größtenteils mies. Aber glücklicherweise schaue ich zu den Zeiten, wo die schlimmsten Sendungen über den Äther gehen, nicht rein. Außerdem nicht in die allerschlimmsten Programme.
Meine größte Kritik auch an den „besseren“ Sendern ist immer noch, dass man überall ungefragt mit Sportberichterstattung und Lotterieergebnissen konfrontiert wird. Nachrichtensendungen sind dazu da, um die Menschen darüber zu unterrichten, was in der Welt passiert ist. Es ist eine Nachricht, wenn irgendwo etwas Schlimmes (meistens) oder etwas Tolles (leider selten) unvorhergesehen passiert ist. Wenn aber etwas geplant abläuft wie ein lange im Terminkalender der Interessierten vermerktes Spiel oder die Ziehung einer Lotterie, dann ist das keine Nachricht! Die daran Interessierten können sich ihre Daten aus dem World Wide Web, von Videotextseiten, einem Telefonansagedienst oder aus Spartenkanälen ziehen!
Besonders schlimm finde ich, dass man am Samstag und Sonntag Nachmittag noch nicht einmal mehr Radio hören kann, ohne dass einem die Ohren ständig mit Fußballberichterstattung zugeplärrt werden. Welchen Sender soll ich hören, wenn ich Popmusik mag und aktuelle Nachrichten mitbekommen möchte, ohne mich für Fußball zu interessieren? Sogar bei den 5-min-Nachrichten im Radio ist es oft so, dass es mehrere Kurzmeldungen gibt, dann aber einen ausführlichen Bericht über so eine extreme Marginalität wie ein Fußballspiel, dass mir die Geduld nicht ausreicht, um auf die Wettervorhersage zu warten.
Und wenn überhaupt Sport: Warum immer Fußball? Es gibt Hunderte von Sportarten. Wenn man die alle gleichberechtigt abhandeln würde, dann würden sich die Fußballfans mal darüber klar werden, wie öde das ist, wenn man ständig mit sogenannter Information über Sportarten zugeballert wird, die einen nun mal so gar nicht interessieren.
Also bitte, liebe Radiomacher: Einen, bitte nur einen Sender ohne Sportberichterstattung auch am Wochenende, aber mit aktuellen Nachrichten und Popmusik. Auf diesem würde ich dann sogar notfalls noch die Werbung ertragen, obwohl ich eigentlich glaube, mit meinen Rundfunkgebühren einen Anspruch auf ein werbefreies Programm zu haben.